Eigenständiges Wohnen für junge Menschen mit Behinderungen

Um sich auf das selbständige Wohnen außerhalb des Elternhauses vorzubereiten, bietet die Ambulante Betreuung der Lebenshilfe Braunschweig ein Wohnpraktikum an. In einer 3-Zimmer-Wohnung im westlichen Ringgebiet Braunschweigs können die jungen Menschen mit Behinderungen sechs Tage lang zu zweit austesten, wie es ist, in einer eigenen Wohnung zu leben.

Lisa und Marie haben am Sonntagnachmittag die Wohnung bezogen. Sie werden von Anne Gehl und Marlene Möhler, zwei Mitarbeiterinnen der Ambulanten Betreuung, in Empfang genommen. Um sich besser kennen zu lernen, steht ein gemeinsames Pizza backen auf dem Programm. In der ersten Nacht sind die beiden Mädchen nicht allein. Anne Gehl übernachtet im Wohnzimmer. Danach sind Lisa und Marie in den Nächten auf sich gestellt. Auf Wunsch können sie ein oder zwei Nächte weiterhin betreut werden. Auch eine Rufbereitschaft wird angeboten.

Für das Aufräumen, Einkaufen, Abwaschen, Kochen, Blumen gießen und alle anstehenden Aufgaben sind die Mädchen selbst verantwortlich. Am Ankunftstag wird die Wochenstruktur geplant, wobei Hobbies und andere Aktivitäten berücksichtigt werden. Der Besuch ihrer Förderschule ist weiterhin eine Voraussetzung.

Lisa und Marie haben sich einen Wecker mitgebracht, um morgens rechtzeitig aus dem Bett zu kommen. Zu Hause wird Lisa von ihrer Mutter geweckt. Während des Wohnpraktikums schafft sie es, jeden Morgen selbst aufzustehen – bis auf eine Ausnahme: „Heute morgen bin ich nach dem Weckerklingeln wieder eingeschlafen. Meine Freundin Marie hat mich aber geweckt. Daher kamen wir pünktlich in der Schule an.“

Bevor die beiden morgens zur Schule gehen, kommen Anne Gehl oder Marlene Möhler vorbei, um mit ihnen den Tagesablauf zu besprechen. Nach der Schule schreiben die Mädchen täglich ihre Erlebnisse in ihr Tagebuch. Auch die Mitarbeiterinnen der Ambulanten Betreuung schreiben ein Tagebuch.

Am Freitag, dem letzten Tag des Wohntrainings, begleiten Anne Gehl und Anne Christiansen, die beiden Koordinatoren für das Wohntraining, die Mädchen zur Schule. Gemeinsam wollen sie in der Klasse von Lisa und Marie über das Wohnpraktikum berichten. „Mein schönstes Erlebnis war das gemeinsame Essen und Fußball gucken mit Freunden in unserer eigenen Wohnung“, erzählt Marie freudestrahlend.

Im Anschluss an das Wohnpraktikum werden die von den Mitarbeitern der Ambulanten Betreuung beobachteten Potentiale der 16-18jährigen Schülerinnen in einem gemeinsamen Gespräch mit den Schülern, Eltern und Lehrern reflektiert.

Das erfolgreiche Projekt wurde von der Lebenshilfe-Stiftung Braunschweig unterstützt.